Siriuskogl

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„Kochen ist mein Yoga“, sagt Christoph Held über seinen Beruf, seine Berufung.

Christoph "Krauli" Held

„Öffnet die Küchentüren!“

Über die Politik der korrekten Küche.

Christoph „Krauli“ Held belebt und bewirtet seit 2008 den Siriuskogl. Bekannt wurde der widerständige Goiserer mit seiner YouTube Kochsendung „Held & Herd“, in der er KünstlerInnen und Intellektuelle wie Cécile Nordegg, Birgit Denk, Georgij Makazaria, Angelika Niedetzky, Heini Staudinger oder die Jungs von Folkshilfe hinter den Herd holte. Er ist ein Verfechter regionaler, saisonaler Küche und revolutioniert am Siriuskogel – mitten in Bad Ischl – die Wirtshausküche.

In Zeiten globalisierter Warenströme und industrialisierter Lebensmittelproduktionen ist die Wahl der Zutaten und die Kennzeichnung deren Provenienz ein zutiefst politischer Akt. „Kochen ist mein Yoga“, sagt Christoph Held über seinen Beruf, seine Berufung. Es ist aber auch ein politisches Statement, dem er bei Veranstaltungen und wann immer sich ihm die Möglichkeit bietet, gerne Nachdruck verleiht.

Wir haben Christoph Held vor den Herd gebeten – und mit uns an den Tisch.  Wir starten mit der Frage aller Fragen…

Christoph "Krauli" Held
© Monika Löff

Warum bist du Koch geworden?

Weil das ganz tief in mir drinnen ist.

Kochen hat immer schon eine große Rolle gespielt, schon als Kind war ich der Küchenchef in der Familie.

Nicht nur mit dem Kochen, auch mit dem Siriuskogl verbindet mich ein Stück Kindheit. Wir haben sieben Jahre am Fuße des Kogls gewohnt und meine Eltern waren mit uns Kindern drei, vier Mal in der Woche am Kogel unterwegs. Schon als Kind hab‘ ich gesagt: Ich möcht‘ am Siriuskogl kochen.

Gab’s Vorbilder in der Familie?

Ja natürlich! Meine Mama ist eine begnadete Mehlspeisenbäckerin und meine Oma war lange Jahre leidenschaftlich Köchin auf der Hochsteinalm.

Ich machte dann nach dem Zivildienst aber erst einmal die Ausbildung zum Altenfachbetreuer und arbeitete im Ischler Josefsheim. Trotzdem bin ich dem Kochen treu geblieben und hab‘ eine Kochgruppe mit den Bewohnern und Bewohnerinnen gegründet.

Kochen ist ja, gerade für ältere Menschen, eine hochemotionale Angelegenheit und fungiert als eine Art Erinnerungsspeicher.

Es ist auch eine beruhigende Maßnahme. Gleichzeitig geht ganz schön die Post ab, wenn du mit zwanzig älteren Damen am Tisch sitzt, weil: Jede hat natürlich das beste Apfelstrudel-Rezept.

Aber trotzdem bleib ich dabei: Kochen ist mein Yoga.

Nur gemeinsam Kochen ist noch schöner. Ob mit den eigenen Kindern oder Arbeitskollegen und -kolleginnen. Genauso schön ist auch, für andere zu kochen. Das, was wir am Kogel kochen, nehmen 300 Menschen am Tag in den Mund. So gesehen hast du ja als Koch oder Köchin eine immense Verantwortung gegenüber den Menschen.

Das führt mich jetzt direkt zur nächsten Frage: Es heißt Lebensmittel, weil es Mittel zum Leben sind. Was verbindest du mit diesem Spruch? Es findet ja um das Lebensmittel herum viel mehr statt als nur die Verarbeitung.

Grundsätzlich sind wir Köche und Köchinnen Verfeinerer. Um so zu arbeiten, brauchst du ein grundsolides Lebensmittel. Die eigentlichen Profis sind so gesehen die Lebensmittelproduzenten und -produzentinnen.

Christoph "Krauli" Held beim Kochen
© Monika Löff

Du legst sehr viel Wert auf regionale Lebensmittel und nachhaltige Produktion.

Ja, denn man weiß sofort – vom Mundgefühl, vom Geschmack her –, unter welchen Bedingungen ein Lebensmittel entstanden ist. Wer Erfahrung hat, kann schmecken, woher das Fleisch kommt.

Für meine Küche heißt das: Lebensmittel von hoher Qualität brauchen kein Lametta. Wir müssen in der Gastronomie wieder weg von überladenen Tellern. Alle sehnen sich nach Einfachheit. Auch in der Kulinarik wollen die Leute das Pure schmecken. Und spüren. Weniger ist mehr, am Teller wie auf der Speisekarte.

Steckt die Gastronomie in Österreich in der Krise?

Ja, so stark wie noch nie. Und grad auch im Salzkammergut.

Ich weiß, da lehne ich mich vor meinen Kolleginnen und Kollegen sehr weit aus dem Fenster. Aber ich weiß auch, wie viele Tonnen Convenience Produkte jeden Tag hierher gefahren werden. Viele verkaufen den gleichen Einheitsbrei, weil es einfacher und kostengünstiger ist, Packerl aufzureißen als selbst zu kochen.

Christoph "Krauli" Held und seine Ziegen
© Monika Löff

Wärst du für eine Kennzeichnungspflicht?

Ja unbedingt, auch wenn das logistisch einen enormen Aufwand bedeutet. Außerdem: Öffnet die Küchentüren! Wir haben das Recht zu wissen, was wir zu uns nehmen!

Als Gastronomen und Gastronominnen müssen wir uns um ein Netzwerk mit regionalen Produzentinnen und Produzenten bemühen. Ich bin der Meinung, dass man Betriebe, die regional einkaufen und damit die regionale Wirtschaft ankurbeln, von politischer Seite mit Förderungen unterstützen sollte. Kreislaufwirtschaft braucht mehr politische Unterstützung, damit sie konkurrenzfähig wird. Das sichert Diversität, erhält kleine Betriebe am Leben und sichert Arbeitsplätze. Ich kauf‘ meinen Ziegenkäse immer bei einem Goiserer Bauern. Der kann durch unseren Betrieb mit einem fixen Kontingent rechnen und damit tragen wir zu seiner Existenzsicherung wesentlich bei.  

Essen mit regionalen Zutaten
© Monika Löff

Regionalität, Nachhaltigkeit, biologischer Anbau. Diesen Trends steht in der Realität aber eine erbarmungslos verschwenderische Nahrungsmittelindustrie gegenüber.

1,7 Kilo Lebensmittel wirft der Mensch in Österreich pro Tag weg – inklusive der Lebensmittel, die es erst gar nicht in den Supermarkt schaffen. 1,7 Kilo! So viel isst ein Mensch am Tag ja nicht einmal! Gleichzeitig überlegen wir, wie wir die Ernährung der Weltbevölkerung trotz Klimawandel sicherstellen können. In Wirklichkeit ist das alles nur zum Schreien. 

Das Gute ist: Es gibt mittlerweile viele Initiativen, die Wege zu einem ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln aufzeigen. Ende April diskutierten wir bei einer Podiumsdiskussion am Felix Wirtshaus Festival 2023 über Thema Zero Waste in der Gastronomie. Jeder von uns Köchen – leider war keine einzige Köchin dabei, das finde ich auch sehr traurig für unsere Branche, dass wir eine niedrige Frauenquote haben –, jeder von uns hat einen Gang gekocht, ganz nach dem Motto from nose to tail bzw. from root to leaf.

Einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Menge an Lebensmittel, die täglich im Müll landet, könnten alte Methoden des Haltbarmachens leisten. In den sozialen Medien, aber auch in der analogen Welt, erfahren Methoden wie das Fermentieren einen regelrechten Boom. 

Das Beizen mit Salz zählt zu den ältesten Garmethoden, um Lebensmittel haltbar zu machen. Haltbarmachen war seit jeher von großer Bedeutung, weil ja nicht jedes Gemüse und Obst lagerfähig ist bzw. Fleisch und Fisch rasch verderben, wenn sie nicht dementsprechend behandelt werden. So haben sich die Leute unterschiedliche Methoden wie Dörren, Trocknen, Fermentieren, Pickeln und Einlegen einfallen lassen.  

Regionale Produkte in einem Regal
© Monika Löff

Das Wichtigste beim Fermentieren ist gutes Salz.

Am liebsten arbeite ich beim Fermentieren – und überhaupt – mit Natursalz. Es ist milder als herkömmliches Salz, hat aber mehr Volumen – und keine Zusätze, die den Fermentationsprozess stören, indem sie die Vermehrung von Milchsäurebakterien behindern.

Christoph "Krauli" Held mit BAD ISCHLER Natursalz
© Monika Löff

Du bist mit dem Projekt Wirtshauslabor Salzkammergut 2024 Teil der Kulturhauptstadt SKGT 2024. Was verbindest du persönlich mit dem Wirtshaus?

Wirtshaus ist ein emotionaler Platz und ein Umschlageplatz. Da passiert was, da tut sich was. Das Wirtshaus ist schneller als jede Tageszeitung, da entstehen Gerüchte, aber da fallen auch Entscheidungen.

Neben deinen vielen Engagements ist dir die Bildung auch eine Herzensangelegenheit, deshalb bist du häufig in Schulen unterwegs. Warum?

In erster Linie finde ich es wichtig, dass die Kinder in Zeiten von gestressten Eltern und Fertigprodukten wissen, was frisches Gemüse ist, und was man damit machen kann.

Ich geh‘ prinzipiell mit Lebensmittel in Schulen und Kindergärten, die Kinder eigentlich gar nicht mögen: Rote Rübe, Spinat, Brokkoli sind, je nach Jahreszeit, fix dabei. Ich versuch‘ dann, den Kindern spielerisch die Lebensmittel und ihre Zubereitung nahe zu bringen.

 Im 2. oder 3. Lockdown haben wir dann bewusst auf eine dritte YouTube-Staffel von „Held & Herd“ verzichtet und sind stattdessen mit zwei Kochkollegen zu einer Sonderschul-Tour durch ganz Österreich aufgebrochen. Ich find‘s einfach wichtig, dass ALLE Kinder nicht nur kochen lernen, sondern auch einen Bezug zum Lebensmittel haben. Dass sie wissen, was sie zu sich nehmen. Sich selbst gut und ausgewogen ernähren zu können, ist wohl eine der wichtigsten Kompetenzen, die wir unseren Kindern mit auf den Weg geben können.

Esel am Siriuskogl
© Monika Löff

Vielen Dank für die vielen Einblicke in dein umfassendes Wirken und Werken. Eine letzte Frage haben wir noch.

Christa Fuchs und Gudrun Harrer haben ein Kochbuch geschrieben mit dem Titel „Besoffene Kapuziner“. Darin bezeichnet Christa Fuchs den Knödel – aus küchenpsychologischer Sicht – als des Österreichers Selbstbild: Scharfen Kanten abhold, harmoniebedürftig, freundlich, gemütlich, schlau-pfiffig. 

Mit welchem Gericht würdest du dich selbst beschreiben?

Puh!

(Nachdenkpause)

Boah. Sowas hat mich noch nie wer gefragt.

(Nachdenkpause)

Ich wär‘ ein Schnittlauchbrot!

Oder nein. Das wär‘ich: Wenn du heim kommst, mitten in der Nacht, und den Kühlschrank aufmachst und dann haust du alles in einen Topf und machst dir ein Restlessen.

(Einwurf vom Siriuskogel-Manager Christoph Gasteiger)

Eine Maurerforelle!

(Krauli)

Ja genau! Eine Maurerforelle.

Wir bedanken uns fürs Gespräch.

Wir möchten noch anmerken: Ebenso wie die Frauenquote in der Spitzengastronomie ist die konsequente Benennung beider Geschlechter dem Koch ein Anliegen.